Übergordnete Werke und Veranstaltungen

Filmprogramm

Utopie und Gegenwart

Samstag
9.9.2006
00:00

Die sozialistischen Diktaturen wurden getragen von einem hohen Grad an irrationaler Gläubigkeit. Die das System konstituierenden Ideologien führten zu einem Personenkult, zur devoten Verehrung von lebenden und toten Führerfiguren in quasireligiösen Dimensionen. Die politische Religion des totalitären Systems war zudem mit Zukunftsversprechen verbunden, „in dem schillernden, äußerst ambivalenten Feld von tatsächlicher Immanenz und angeblicher Transzendenz“. Die nichtreligiöse Weltanschauung, der das Deutungsmonopol übertragen wurde, bekam selbst religiöse Züge, denn die in dem System aufgewachsenen Menschen wurden nicht durch ihren Status als Bürger definiert, sondern durch das, was sie dachten und woran sie glaubten.

Das Filmprogramm geht in Umkehrung der zeitlichen Ordnung von den Bildern der Gegenwart zu Dokumentationen des real existierenden Sozialismus und zur filmischen Vorwegnahme seines Scheiterns. Malinovy zvon erzählt von der wieder erstarkenden Bedeutung der Religion in Russland und dem von kirchlichen Institutionen erhobenen Anspruch auf den privilegierten Zugang zur Wahrheit. Sanctus, Sanctus und The Actors of Subliminal History geben Zeugnis ab von der bestechenden Perfektion und den Höchstleistungen choreografischer Umsetzung von Festumzügen sowie von den die politischen Feierlichkeiten sichtbar strukturierenden Hierarchien. Sovetskaja elegija ist ein zwar dokumentarischer, aber gleichzeitig sehr persönlicher Kommentar zum Ende der Sowjetunion.

(Aus: Angelika Richter: Utopie und Gegenwart. In: Katalog zur 7. Werkleitz Biennale Happy Believers, Deutschland, 2006, S. 109; http://biennale2006.werkleitz.de/html_de/pro_sa_utopie.html#sp3)

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