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Moving Spirit, „spiritueller Austausch“, das war während der langen Geschichte der (kolonialen, imperialistischen, missionarischen) Reisetätigkeit gen Osten immer auch kultureller Austausch. Mit der Einführung des bürgerlichen Kulturbegriffs verlagerten sich in Europa große Teile der Diskussionen um Leben, Sinn, Ethik aus der Religion in (heute so genannte) kulturelle Bereiche. Mit dem Beginn des 19. Jahrhunderts und der Einführung der Bildproduktion unter Zuhilfenahme technischer Medien, mit der Beschleunigung, der Vervielfältigung und Distribution von Bildern, ergaben sich neue Diskussionen um Darstellbarkeit und Vermittlung von Inhalten, die über den Austausch von Kulturobjekten im Sinne von Waren oder religiösen und machtpolitischen Symbolträgern hinausgingen (ohne diese Funktionen abzulegen). Die Diskussionen dauern an und wurden im Besonderen auf jene Konsum-Kulturgüter erweitert, die große Mengen Menschen faszinieren und beschäftigen. Film ist eines davon.
Wo im Westen die Religion nur noch Wenige erreicht, scheint es dem sich informiert meinenden Betrachter, als ob in anderen Ländern (und gerne wird dann vereinheitlicht) religiöse Vorgänge Massen bewegen, Gewalten hervorbringen. In dieser Beobachtung entfremdet sich der Beobachter in Europa von seiner ansonsten als so globalisiert empfundenen Situation. Wo er doch gerade noch sein Mobiltelefon, seinen Hamburger, seine Armbanduhr auf Werbetafeln und in Auslagen in den Emerging Countries wiederfand - zurück! sagt er sich, zu dem, was scheinbar weiterhin austauschfähig, was kompatibel ist: Kultur. Das Wort, das Bild, der Film ... Hat nicht bereits der Philologe Friedrich Max M. seine Produktion, sein Leben Indien gewidmet, ohne je dort gewesen zu sein? Oder das Bild, war nicht die Malerin Amritha S. schon in den 1920ern in Paris, und bald wird sie in München gezeigt ... Dann Foto und Film, einst dokumentarisches Mittel der Exploration des Ostens, heute zerteilt in Spielfilm West: Hollywood und Spielfilm Ost: Bollywood, (lassen wir einfach mal die anderen indischen Filmindustrien unter den Tisch fallen), dann Dokumentarfilm, Auteur Film, Experimental Film.
Die Hinterfragung des filmischen Bildes und die damit verbundenen Inspirationen, Philosophien, Politiken – würde es nicht auch da einen Austausch gegeben haben, der es dem medial-informativ Entfremdeten wieder ermöglicht, den Zugang zu jenen Kulturen zu finden, deren Vertreter er sowieso ständig begegnet, auf Ausstellungen, in Festivals, bei Tagungen. Einer Oberschicht, gewiß, aber Teil derer ist er selbst, genauso per Geburt, nur dass es per Geburt hier in Europa eben fast nur Oberschicht gibt (wenn man es mit „dort“, also fast überall anders, vergleicht). Einer Oberschicht (und auf sie reduziert sich der Austausch) die sich genauso entfremdet fühlt von – was? Ihren Mitbewohner/innen auf diesem Planeten; hier ist man global. Und die dieser Entfremdung mit, beispielsweise, kultureller Produktion begegnet, philosophisch und vielschichtig künstlerisch ... oder diese Produktion gleich en gros verkauft, weil von irgendwas muss man ja den Oberschichtstatus begründen, hier in Europa macht man das auch, beides, auch wenn nun keiner von uns direkt in Hollywood arbeitet, oder doch?
Aber eventuell gibt es radikalere Antworten, gab es die Suche nach solchen Antworten bereits geraume Zeit. Vielleicht sogar einen Austausch, gab ihn immer, oder schon seit langem, zumindest seit Amritha S. in Paris war, oder Vivan S. in London, und dort Jean-Luc G.‘s Präsentation von „One plus One“ mit organisierte ... Es ist vielleicht gewagt, hier von kleineren Gemeinschaften zu sprechen. Gemeinschaften, die von einander hören, immer wieder mal. Die bisweilen Ausstellungshallen füllen. Die ihre Meinungen manchmal widerrufen (zumindest dies!). Offensichtlich gibt es das Bedürfnis, sich, des eigenen Standpunktes bewusst, mit Kommentaren in Form inhaltlicher und formaler Experimente zu Wort zu melden. Kommentare, die, mangels direkten machtpolitischen Einflusses (vielleicht dienen sie nur dem Austausch innerhalb dieser Interessensgruppen) als Kultur, als Kunst auftauchen, vielleicht als Videoinstallation, früher als radikaler oder experimenteller Film, darin auch immer wieder: als Dokumentarfilm. Ein paar Fragen, ein paar Antworten, Bilder, Töne, einzeln und in Folge, auf DVD.