Übergordnete Werke und Veranstaltungen

interaktive Karte

Neu-Neustadtmodell

DE 2015

Mit dem Einzug von Mobilfunkgeräten in den privaten Gebrauch begann die lokale und globale Ortung und Kartierung individueller Bewegungsmuster. Immer, wenn sich das Handy in den nächstgelegenen Funkmast einloggt, kann der ungefähre Standort des Gerätes ermittelt werden. Hieraus ergeben sich grobe Bewegungsmuster, die bereits viel über Alltag und Lebensgewohnheiten der Geräteeigentümer aussagen. Smartphones mit eingebautem GPS-Sensor präzisieren die Standortdaten heute auf wenige Meter und sorgen für das beruhigende Gefühl, immer darüber Bescheid zu wissen, wo man gerade ist.
Dass die mit den Geräten erhoben Daten nicht bei den jeweiligen Nutzern bleiben, ist durch die Technik und die vielen Möglichkeiten der Kontextualisierung bedingt. So werden permanent differenzierte Bewegungsprofile angelegt – wo schläft, arbeitet oder kauft jemand ein – und auffällig ist dabei der, welcher seinen gewohnten Ablauf ändert. Heute entstehen Kartendaten, die durch die Vielzahl der Nutzer weitaus mehr Informationen liefern können als die einst durch archaische Methoden der Kartierung gewonnenen. Wo sind Hotspots, wo sind Staus, wo sind Demonstrationen, wo wohnen die Reichen und wo die Armen? Wir helfen also fleißig mit beim Kartieren, und das meist ganz nebenbei. Zum Beispiel beim Ausfüllen von ‚Captchas'2 auf Webseiten, beim Bewerten des Restaurants auf Reiseplattformen oder beim Wandern mit anschließender digitaler Auswertung der zurückgelegten Strecke und Geschwindigkeit. Und natürlich auch immer dann, wenn wir georeferenzierte Fotos in die sozialen Netzwerke laden und damit auch die letzten Winkel der Welt bebildern, die vom Google-Streetview-Auto noch nicht erreicht wurden.
Auch dort, wo das GPS-Signal uns nicht erreichen kann, zum Beispiel in Räumen, zeichnen wir durch die in den Geräten verbauten Gyroskope und mit den bald verfügbaren 3D-Kameras das Innenleben der Gebäude auf, die uns umgeben. Das Neu-Neustadtmodell speist sich aus individuell erhobenen Daten. Collagenartig setzt sich hier der Stadtraum zusammen, immer verbunden mit biografischen Ereignissen und den jeweiligen Objekten.

Christoph Knoth, webbasierte Karte, DE 2014

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