Übergordnete Werke und Veranstaltungen

Karl-May-Museum Radebeul

DDR/US 1986

Die DDR hatte zu Karl May ein zwiespältiges Verhältnis: Einerseits ging man mit seinen edlen Wilden und deren Rolle als Opfer des US-amerikanischen Imperialismus durchaus konform. Andererseits war Karl May chauvinistisch und gegenüber anderen Minderheiten – etwa Schwarzen und Juden – mehr oder weniger offen rassistisch. So blieb er lange Zeit ein unerwünschter Autor. Auch als im Zuge der amerikanischen 60er-Jahre-Western in der DDR ein regelrechtes Indianerfieber ausbrach, verließ man sich auf eigene Autoren und Verfilmungen, bewusst auch in Abgrenzung gegen den Karl-May-Kult und die Pierre-Brice-als-Winnetou-Verfilmungen in Westdeutschland. Als Bill Meyers 1986 das Karl-May-Museum Radebeul filmt, war der Autor – in bereinigten Editionen – schon wieder rehabilitiert. So entsteht in dem 13-minütigen Video ein seltsames Spiegelkabinett der Projektionen: Der Fantasie-Autor Karl May, der sich sein Amerika nur erträumt hatte, wird in einem kommunistischen Museum ausgestellt, das den Völkermord an den Indianern propagandistisch verwertet, und wird wiederum von einem Amerikaner gefilmt, der mit den Klischees des „Amis“ nicht das Geringste gemein hat und der gekommen ist, um den Amerikanern das andere „rote“ Feindbild zu nehmen, dabei vielleicht kaum weniger naiv als Karl May selbst. Wie in so vielen Interviews Bill Meyers’ ist auch hier spürbar, dass der interviewte Leiter des Museums sich der antiamerikanischen Propaganda im Hintergrund bewusst ist und vorsichtig versucht dagegenzusteuern. Ein behutsam tastender Dialog der Ideologien.

William Meyer, DDR/US 1986, 13 Min.

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