Übergordnete Werke und Veranstaltungen

AMERIKA! - Radio-Feature-Workshop

Montag
01.
 
 
Freitag
5.9.2008

Ralf Wendt

Als in Boston, genauer in Brant Rock / Massachusetts, am 24. Dezember 1906 die erste Radiosendung der Welt stattfand, konnte der Erfinder und gleichzeitig erste Moderator der Welt, Prof. Reginald Aubrey Fessenden, kaum ahnen, dass sein Land, die USA, in nur anderthalb Jahrzehnten das Medium Radio zu einem alle Menschen erreichenden Massenkommunikationsmittel entwickeln sollte.

Auf dieses Amerika schauten die Rundfunkpioniere in Australien und Europa lange Zeit neidisch. Wurde hier noch ausgiebig darüber verhandelt, welche Sendestationen wohl welchem Ministerium unterstellt werden könnten, wurden in den USA längst die ersten Serien gestartet, ganz zu schweigen von Wunschkonzerten. Selbst Telefongespräche gehörten von Anfang an zum Repertoire des amerikanischen Radios. In Deutschland klangen die Moderatoren zu jener Zeit noch, als wollten sie ganze Stadien voller Zuhörer zu einer gemeinsamen Handbewegung oder einem chorischen„Jawoll“bewegen.

Die Radiogeschichte feiert heute das Jahr 1923 als Geburtsstunde der Radiokunst – das erste Hörspiel ging damals im Oktober bei der Londoner BBC auf Sendung. Danger hieß es und spielte komplett im Dunkeln – damit auch jeder Hörer sich hineinversetzen konnte. Schließlich gab es ja nichts zu sehen.

In Amerika überschlugen sich zur selben Zeit die Radioleute allerdings längst beim Spiel mit dem Hören. Werbung war hier der Motor. Und so war amerikanisches Radio lange Zeit eng verbunden mit Dingen, die Hörerinnen und Hörer aus dem Alltag kannten: Cola und Hamburger, Kaffee und Bagel.

Nun soll das hier keineswegs eine Hymne auf die ersten Jahre des amerikanischen Radios werden – und trotzdem: Etwas von dieser Faszination für das amerikanische Radio finde ich auch in meinen frühesten Assoziationen zu Amerika wieder: dieses Unverkrampfte und auch Überraschende. Amerika hieß immer nur ein Prozent Bekanntes – klar war, es muss viel mehr sein, als ich es mir vorstellen konnte.

Indianer und Wald, später Wüste, noch später Alaska – dann die Besiedlung, Eroberung auch, ...

Und noch später die Schulkenntnisse: Amerika führte Kriege – Vietnam, Korea, Schuld in Chile, Kuba und und und ...

Und dann fuhr ich hin – nach Amerika. Eine Stadt nur, Chicago, und ein bisschen Detroit. Einen Monat lang.

Und jetzt ist Amerika einmal mehr das, was es in meiner ersten Erinnerung war: unbegreiflich. Unbegreiflich reich und vielfältig, aggressiv und friedlich, endlos und eng – alles in einem – und eben unbegreiflich.

Ich habe mir angewöhnt, Amerika in Ausschnitten wahrzunehmen. Und wenn ich Lust auf diese Ausschnitte bekomme, dann versenke ich mich in die amerikanische Radiolandschaft – über 200 Stationen allein in Chicago. Dann ist es hörend möglich, Amerika zu sehen.

Udo Israel

Ich toure gerade als Betreuer eines Jugendaustauschprojektes mit Teilnehmerinnen aus Luxemburg, Österreich, Polen und Deutschland durch Europa. Was ist Amerika, was sind die USA im Vergleich mit dem hier im Augenblick Erlebten?

Amerika ist für mich nichts Reales. Amerika ist die Vorstellung von einem unbestimmten Etwas. Oder etwa ein Fernsehbild. Oder vielleicht ist dieses Amerika auch eine verrückte Soap, von der ich eine Menge Folgen verpasst habe.

Ralf Wendt und Udo Israel leiteten den Radio-Feature-Workshop „Amerika!“ vom 01.–05.09.2008.

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